Zusammenfassung der Standards und Interpretationen zur internationalenRechnungslegung (IAS, IFRS, SIC, IFRIC) – Stand Januar 2016
Ziel des IFRS 15 ist es, eine Verbesserung der Bilanzierung durch Erarbeitung eines einzigen Umsatzrealisierungskonzeptes, das auf alle Transaktionen und Branchen anwendbar ist, zu erreichen. IFRS 15 fordert neue quantitative und qualitative Angaben, mit Hilfe derer es den Abschlussadressaten ermöglicht wird, die Art, die Höhe, den zeitlichen Anfall sowie die Unsicherheitder Umsatzerlöse und daraus resultierender Zahlungsströme aus Verträgen mit Kunden, zu verstehen. IFRS 15 „Erlöse aus Verträgen mit Kunden“ wird IAS 11 „Fertigungsaufträge“, IAS 18 „Umsatzerlöse“, IFRIC 13 „Kundenbindungsprogramme“, IFRIC 15 „Verträge über die Errichtung von Immobilien“, IFRIC 18 „Übertragungen von Vermögenswerten durch einen Kunden“ und SIC-31 „Umsatzerlöse – Tausch von Werbeleistungen“ ersetzen.
Der neue Standard ist gemäß IFRS 15.5 auf alle Verträge eines Unternehmens mit dessen Kunden, unter Beachtung der nachfolgenden Ausnahmen, anzuwenden: IFRS 15 ist weder auf Leasingverträge, die dem Anwendungsbereich des IAS 17 „Leasingverhältnisse“ bzw. zukünftig IFRS 16 „Leasing“ zuzuordnen sind, noch auf Versicherungsverträge, die in den Anwendungsbereich des IFRS 4 „Versicherungsverträge“ fallen, anzuwenden. Der neue Standard gilt auch nicht für Finanzinstrumente und andere vertragliche Rechte oder Pflichten, die dem Anwendungsbereich des IFRS 9 „Finanzinstrumente“, IFRS 10 „Konzernabschlüsse“, IFRS 11 „Gemeinsame Vereinbarungen“, IAS 27 „Einzelabschlüsse“ oder IAS 28 „Anteile an assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen“ zuzuordnen sind. Darüber hinaus hat IFRS 15 keine Geltung für nichtfinanzielle Tauschgeschäfte zwischen branchengleichen Unternehmen, die es zum Ziel haben Verkäufe an Kunden oder potentielle Kunden zu erleichtern.
In Anhang A des neuen Standards IFRS 15 sind die wichtigsten Definitionen zusammenfassend aufgeführt. Ein Vertrag ist demnach eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Parteien, welche durchsetzbare Rechte und Pflichten erzeugt. Ein Kunde ist eine Partei, die mit dem Unternehmen einen Vertrag über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens im Austausch für eine Gegenleistung eingegangen ist. Ein Ertrag ist ein Zuwachs wirtschaftlichen Nutzens während des Berichtszeitraums in Form von Zuflüssen oder Werterhöhungen von Vermögenswerten oder der Abnahme von Verbindlichkeiten, die zu einer Erhöhung des Eigenkapitals führt. Davon ausgenommen sind Eigenkapitalerhöhungen, die aus Beiträgen der Eigenkapitaleigner resultieren. Eine Leistungsverpflichtung ist eine Zusage innerhalb eines Vertrags mit einem Kunden hinsichtlich der Übertragung einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung bzw. eines Bündels von Waren oder Dienstleistungen, die jeweils eigenständig abgrenzbar sind, oder der Übertragung einer Reihe von jeweils eigenständig abgrenzbaren Waren oder Dienstleistungen, welche im Wesentlichen gleich sind und auf die gleiche Weise auf den Kunden übertragen werden. Bei Umsatzerlösen handelt es sich um die Erträge, welche das Unternehmen im Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet. Der Einzelveräußerungspreis einer Waren oder einer Dienstleistung ist der Preis zu welchem das Unternehmen seinen Kunden die vereinbarten Waren oder Dienstleistungen separat verkaufen würde. Der Transaktionspreis innerhalb eines Vertrags mit einem Kunden ist der Betrag der Gegenleistung, welchen das Unternehmen erwartet von seinem Kunden im Austausch für die Übertragung der Waren oder die Erbringung der Dienstleistung zu erhalten. Davon ausgenommen sind Beträge, welche das Unternehmen zu Gunsten Dritter vereinnahmt (z.B. Steuern).
Das Kernprinzip des IFRS 15 ist es, das ein Unternehmen Erlöse in der Höhe in seinem Abschluss erfasst, in welcher es erwartet Gegenleistungen für die Übertragung der Waren oder die Erbringung der Dienstleistungen zu bekommen. Die Unternehmen sollen die Umsatzerlöse entsprechend dem nachfolgenden fünf-stufigen Modell erfassen:
Ein Vertrag mit einem Kunden fällt in den Anwendungsbereich des IFRS 15, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (vgl. IFRS 15.9):
(1) Die Vertragsparteien haben dem Vertrag zugestimmt und beabsichtigen ihre Leistungsverpflichtungen zu erfüllen. Die Zustimmung kann schriftlich, verbal sowie im Rahmen der üblichen Geschäftspraxis erfolgen.
(2) Das Unternehmen kann die Rechte jeder Partei hinsichtlich der zu übertragenden Waren oder der zu erbringenden Dienstleistungen eindeutig identifizieren.
(3) Es muss dem Unternehmen möglich sein, die Zahlungsbedingungen bezüglich der zu übertragenden Waren oder der zu erbringenden Dienstleistungen zu identifizieren.
(4) Der Vertrag muss ökonomische Substanz haben.
(5) Es muss wahrscheinlich sein, dass das Unternehmen die Gegenleistung, welche ihm für die Übertragung der Waren oder die Erbringung der Dienstleistung zusteht, auch erhält.
Erfüllt ein Vertrag mit einem Kunden eines oder mehrere der o.g. Kriterien zunächst nicht, prüft das Unternehmen gemäß IFRS 15.14 die kumulative Erfüllung dieser Kriterien regelmäßig neu, um den Zeitpunkt zu bestimmen, ab welchem sie erfüllt sind und der Vertrag in den Anwendungsbereich des IFRS 15 fällt. Werden zwei oder mehrere Verträge (fast) zeitgleich mit einem Kunden abgeschlossen, soll das Unternehmen sie zusammenfassen und wie einen Vertrag bilanzieren, wenn eines oder mehrere der in IFRS 15.17 aufgeführten Kriterien erfüllt ist. Der Standard enthält zudem umfangreiche Regelungen hinsichtlich der Bilanzierung von Vertragsänderungen (vgl. IFRS 15.18-21).
Zu Vertragsbeginn hat ein Unternehmen die Waren und Dienstleistungen, welche dem Kunden im Rahmen des Vertrags zugesagt wurden, zu bewerten und die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu identifizieren (vgl. IFRS 15.22). Zur Identifikation der einzelnen Leistungsverpflichtungen ist es notwendig festzustellen, welche Waren oder Dienstleistungen eigenständig abgrenzbar sind.
Eine Ware oder Dienstleistung ist nach IFRS 15.27 eigenständig abgrenzbar, wenn die folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind: (1) Dem Kunden entsteht aus den Waren oder Dienstleistungen entweder direkt oder in Kombination mit anderen, dem Kunden bereits zur Verfügung stehenden Ressourcen, ein Nutzen; und (2) es ist möglich die zugesagten Waren oder Dienstleistungen von anderen zugesagten Waren oder Dienstleistungen innerhalb des Vertrags zu differenzieren. Eine Dienstleistung ist beispielsweise differenzierbar von einer anderen zugesagten Dienstleistungen innerhalb eines Vertrags, wenn sie diese nicht wesentlich verändert oder anpasst. Ist eine zugesagte Ware oder Dienstleistung nicht eigenständig abgrenzbar, soll ein Unternehmen sie solange mit anderen zugesagten Waren oder Dienstleistungen innerhalb des Vertrags kombinieren, bis dieses Bündel an Waren oder Dienstleistungen eigenständig abgrenzbar ist (vgl. IFRS 15.30).
Bei der Bestimmung des Transaktionspreises soll das Unternehmen gemäß IFRS 15.47 die Bedingungen des Vertrags sowie seine übliche Geschäftspraxis berücksichtigen. Die vertraglich vereinbarte Gegenleistung kann sich aus fixen und variablen Bestandteilen zusammensetzen. Entsprechend IFRS 15.48 soll das Unternehmen bei der Bestimmung des Transaktionspreises die nachfolgend aufgeführten Sachverhalte berücksichtigen: (1) variable Gegenleistungen einschließlich Beschränkungen zu deren Schätzung, (2) bedeutende Finanzierungskomponenten innerhalb der Verträge, (3) nicht zahlungswirksame Gegenleistungen und (4) an den Kunden zu entrichtende Gegenleistungen.
Der im vorherigen Schritt festgestellt Transaktionspreis ist nun auf die Leistungsverpflichtungen des Vertrags zu verteilen, falls dieser mehrere Leistungsverpflichtungen umfasst. Entsprechend der Vorgaben des Standards erfolgt die Verteilung des Transaktionspreises auf Basis der Einzelveräußerungspreise. Dazu soll das Unternehmen zu Beginn des Vertrags die Einzelveräußerungspreise der eigenständig abgrenzbaren Waren oder Dienstleistungen, die den Leistungsverpflichtungen zugrunde liegen, bestimmen und den Transaktionspreis im Verhältnis dieser auf die Leistungsverpflichtungen verteilen. Insofern die Einzelveräußerungspreise nicht direkt beobachtbar sind, müssen diese geschätzt werden. IFRS 15 erläutert drei Methoden zur Schätzung der Einzelveräußerungspreise: (1) Ansatz auf Basis einer Marktbewertung inkl. etwaiger Anpassungen, (2) Ansatz auf Basis der erwarteten Kosten zuzüglich einer Marge und (3) Residualansatz (nur in bestimmten Fällen zulässig). Diese drei Methoden in IFRS 15 stellen jedoch keine abschließende Aufzählung der zulässigen Methoden dar.
In der Regel sind gewährte Preisnachlässe proportional auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen des Vertrags zu verteilen. Falls es hinreichende Hinweise darauf gibt, dass sich ein gewährter Preisnachlass nur auf bestimmte Leistungsverpflichtungen eines Vertrags bezieht, wird von dieser Regel abgewichen und der Preisnachlass nur auf diese bestimmte(n) Leistungsverpflichtung(en) verteilt.
Ein Unternehmen soll nach IFRS 15 die Umsatzerlöse erfassen, wenn es die Leistungsverpflichtung gegenüber dem Kunden, durch Übertragung der Ware oder Erbringung der Dienstleistung, erfüllt hat. Für jede identifizierte Leistungsverpflichtung ist zu bestimmen, ob die Kontrolle über die Ware oder die Dienstleistung über einen Zeitraum oder zu einem Zeitpunkt auf den Kunden übergeht.
Die Leistungsverpflichtung wird über einen Zeitraum erfüllt, wenn eines der nachfolgenden Kriterien erfüllt ist:
(1) Der Kunde erhält und verbraucht den Nutzen gleichzeitig mit der Leistungserbringung durch das Unternehmen,
(2) Die Leistung seitens des Unternehmens schafft oder verbessert einen Vermögenswert, welchen der Kunde während der Leistungserbringung kontrolliert, oder
(3) Die Leistung seitens des Unternehmens führt zu einem Vermögenswert der keine alternative Nutzung für das Unternehmen bereit hielte und das Unternehmen hat einen durchsetzbaren Vergütungsanspruch für die bereits erbrachten Leistungen.
Wenn keines dieser Kriterien erfüllt ist und die Leistungsverpflichtung somit nicht über einen Zeitraum erfüllt wird, dann gilt sie nach IFRS 15 als zu einem Zeitpunkt erfüllt.
Erfolgt die Erfüllung der Leistungsverpflichtung über einen Zeitraum so ist auch der Umsatz über einen Zeitraum zu realisieren. Die Realisierung kann anhand des Outputs oder des Inputs des Unternehmens erfolgen, also beispielsweise anhand der bereits an den Kunden übertragenen Wareneinheiten oder den bereits im Rahmen der Erbringung einer Dienstleistung angefallenen Arbeitsstunden auf Seiten des Unternehmens. Erfolgt die Erfüllung der Leistungsverpflichtung hingegen zu einem Zeitpunkt so hat auch die Realisierung des Umsatzes zu einem Zeitpunkt zu erfolgen. In diesen Fällen erfolgt die Erfassung der Umsatzerlöse nach IFRS 15 zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde die Kontrolle über die Ware oder die Dienstleistung erhält.
Entsprechend IFRS 15.105 werden Verträge mit Kunden im Abschluss eines Unternehmens auf drei unterschiedliche Weisen, abhängig von der Beziehung zwischen der Leistung des Unternehmens und der Zahlung durch den Kunden, dargestellt: (1) als vertragliche Verbindlichkeit, (2) als vertraglicher Vermögenswert oder (3) als Forderung. Die Posten vertragliche Verbindlichkeit und vertraglicher Vermögenswert werden durch IFRS 15 neu eingeführt.
(1) Wenn ein Unternehmen von seinem Kunden die Gegenleistung erhält bevor es die zugrunde liegende Ware an diesen überträgt oder die Dienstleistung für diesen erbringt, hat es eine vertragliche Verbindlichkeit auszuweisen. Diese vertragliche Verbindlichkeit ist die Verpflichtung des Unternehmens gegenüber dem Kunden, die Ware an diesen zu übertragen oder die Dienstleistung für diesen zu erbringen, für die das Unternehmen bereits die Gegenleistungen erhalten hat.
(2) Wenn ein Unternehmen seine Leistungsverpflichtung erfüllt und der Kunde die Gegenleistung noch nicht erbracht hat, dann hat das Unternehmen einen vertraglichen Vermögenswert auszuweisen, insoweit die Erfüllung der Gegenleistung noch von einer anderen Bedingung als der Fälligkeit abhängig ist.
(3) Eine Forderung hat ein Unternehmen anzusetzen, wenn es seine Leistungsverpflichtung erfüllt hat, der Kunde die Gegenleistung noch nicht erbracht hat und der Anspruch des Unternehmens auf die Erbringung der Gegenleistung nur von der Fälligkeit abhängt.
Zielsetzung der Angabepflichten des IFRS 15 ist es, dass die Unternehmen Informationen bereitstellen mit Hilfe derer die Abschlussadressaten befähigt sind die Art, die Höhe, den zeitlichen Anfall sowie die Unsicherheit der Umsatzerlöse und der daraus resultierenden Zahlungsströme aus Verträgen mit Kunden nachvollziehen zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, soll ein Unternehmen qualitativen und quantitativen Informationen (im Detail in IFRS 15.113-129) über (1) seine Verträge mit Kunden, (2) seine wesentlichen Ermessensentscheidungen sowie Änderungen dieser, die im Rahmen der Anwendung des IFRS 15 getroffen wurden, und (3) jegliche Vermögenswerte, die aus aktivierten Kosten für die Erlangung oder Erfüllung eines Vertrages mit einem Kunden resultieren (vgl. IFRS 15.91/95), veröffentlichen. Im Rahmen dieser Offenlegung muss ein Unternehmen den notwendigen Detailierungsgrad eigenständig eruieren und die Informationen auf sinnvolle und nicht verschleiernde Weise aufgliedern sowie zusammenfassen.
IFRS 15 ist für Berichtsperioden die am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnen anzuwenden. Eine frühere Anwendung der Vorschriften ist zulässig. Unternehmen, die IFRS 15 vorzeitig anwenden, müssen dieses in ihrem Abschluss gesondert angeben. Unternehmen, die den Standard erstmalig anwenden, haben diesen vollständig für die Berichtsperiode anzuwenden. Für alle Verträge, die zu Beginn der betroffenen Berichtsperiode noch nicht erfüllt waren, ist IFRS 15 rückwirkend anzuwenden. Entsprechend der Übergangsvorschriften gewährt der Standard zwei Vorgehensweisen hinsichtlich früherer Berichtsperioden: (1) Vollständig retrospektive Anwendung der neuen Vorschriften auf frühere Berichtsperioden, unter Beachtung von IAS 8 und den in IFRS 15.C gewährten Vereinfachungen. Jede Vereinfachung, die ein Unternehmen im Rahmen der retrospektiven Anwendung des IFRS 15 im Sinne von (1) in Anspruch nimmt, ist anzugeben. Ferner ist, soweit unter angemessenem Einsatz möglich, die quantitative Auswirkung der in Anspruch genommenen Vereinfachung anzugeben. (2) Ein Unternehmen kann auch die früheren Beträge, die nach den zuvor geltenden Standards bilanziert wurden, beibehalten und den neuen Standard anwenden, indem es die kumulierten Auswirkungen der Erstanwendung als Anpassung des Anfangssaldos der Gewinnrücklagen (oder anderer geeigneter Bestandteile des Eigenkapitals) zum Zeitpunkt der Erstanwendung des neuen Standards erfasst. Ein Unternehmen, welches sich für diese Vorgehensweise entscheidet, soll nur solche Verträge ab dem Erstanwendungszeitpunkt nach den neuen Regelungen bilanzieren, die zum Zeitpunkt der Erstanwendung noch nicht erfüllt sind.
Bei Fragen zu IFRS 15 oder zu anderen IAS, IFRS, SIC oder IFRIC kontaktieren Sie bitte die IFRS-Experten der WTS Advisory unter 0711 6200749-0 oder info-advisory(at)wts.de.
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