Zusammenfassung der Standards und Interpretationen zur internationalen Rechnungslegung (IAS, IFRS, SIC, IFRIC) – Stand Januar 2016
Der neue Leasingstandard IFRS 16 regelt den Ansatz, die Bewertung, den Ausweis sowie die Angabepflichten zu Leasingverhältnissen, mit dem Ziel, dass Leasingnehmer und Leasinggeber entscheidungsnützliche Informationen zu Leasingverhältnissen zur Verfügung stellen.
IFRS 16 ersetzt den alten Leasingstandard IAS 17 und in diesem Zusammenhang auch IFRIC 4 „Feststellung, ob eine Vereinbarung ein Leasingverhältnis enthält“, SIC-15 „Operating-Leasingverhältnisse – Anreize“ sowie SIC 27 „Beurteilungen des wirtschaftlichen Gehalts von Transaktionen in der rechtlichen Form von Leasingverhältnissen“.
Nicht in den Anwendungsbereich fallen nach IFRS 16.3 Leasingverhältnisse im Anwendungsbereich des IFRS 6 „Exploration und Verarbeitung von Bodenschätzen“, Leasingverhältnisse im Anwendungsbereich des IAS 41 „Landwirtschaft“, weiterhin Lizenzen und geistiges Eigentum im Anwendungsbereich des IFRS 15 „Umsatzerlöse aus Verträgen mit Kunden“ sowie Rechte des Mieters bei Lizenzvereinbarungen und immateriellen Vermögensgegenständen im Rahmen des IAS 38 „Immaterielle Vermögensgegenstände“. Die in dem Standard IFRS 16 vorgeschriebenen Bewertungsvorschriften, sind darüber hinaus nicht auf als Finanzinvestition gehaltene Immobilien nach IAS 40 anzuwenden.
In Anhang A des neuen Standards IFRS 16 sind die wichtigsten Definitionen zusammenfassend aufgeführt.
Ein Lease ist demnach ein Vertrag, oder ein Vertragsbestandteil, in dem der Leasinggeber dem Leasingnehmer einen Vermögensgegenstand (Underlying Asset) zur Nutzung überlässt und dafür eine Gegenleistung erhält. Ein Right-of-Use Asset ist der Vermögenswert des Leasingnehmers, der das Nutzungsrecht an dem Underlying Asset wiederspiegelt. Ein Short-Term Lease ist ein Leasingverhältnis, das zum Abschlusszeitpunkt nicht länger als zwölf Monate dauert und keine Kaufoption beinhaltet. Der Grenzfremdkapitalzinssatz (incremental borrowing rate) ist der Zinssatz, den der Leasingnehmer bei gleicher Laufzeit und Besicherung in dem gleichen ökonomischen Umfeld für einen Kredit zum Erwerb des Right-of-use Asset bezahlen müsste.
Ein Leasingvertrag liegt gem. IFRS 16.9 vor, wenn das Recht zur Beherrschung eines bestimmten (identyfied) Vermögenswerts gegen Entgelt vom Leasinggeber auf den Leasingnehmer übertragen wird. Das Recht zur Beherrschung eines identifizierten Vermögensgegenstands wird nach IFRS 16.B9 dann übertragen, wenn dem Leasingnehmer der wesentliche wirtschaftliche Nutzen zufließt und der Leasingnehmer das Recht hat, über die Nutzung zu bestimmen. Ein Vermögensgegenstand gilt in diesem Zusammenhang dann als bestimmt (identified), wenn er in einem Vertrag explizit genannt wurde. Dies kann sich auch implizit in dem Zeitpunkt ergeben, in dem der Vermögenswert dem Leasingnehmer zur Verfügung gestellt wird.
Der IASB hat mit IFRS 16 entschieden (fast) alle Leasingsachverhalte gleich zu behandeln und folgt nunmehr dem „Single Lessee Accounting Model“. Sämtliche Leasingsachverhalte sind nach IFRS 16 grundsätzlich bilanziell zu erfassen, sofern der Leasingnehmer ein Nutzungsrecht an einem Vermögenswert hat („Right-of-use-Asset“). Ausgenommen sind lediglich sog. „Short-Term Leases“ und Leasingverträge über Vermögensgegenständen von geringem Wert („Low Value“); für beide besteht ein Aktivierungswahlrecht. Die „Low Value“-Grenze zieht der IASB in der Basis for Conclusion (IFRS 16 BC.100) bei einem Wert von 5.000 $, bezogen auf den jeweilige Neupreis des einzelnen Vermögegengegenstands.
In die Erstbewertung eines Right-of-Use-Asset fließen nach IFRS 16.23-25 der Betrag der diskontierten Leasingverbindlichkeit, weitere Leasingzahlungen die vor oder mit Abschluss des Leasingvertrages zu leisten sind, sonstige direkt zurechenbare Kosten des Leasingnehmers sowie etwaige Rückbauoder Demontageverpflichtungen ein. Zahlungen des Leasinggebers an den Leasingnehmer, sog. „Lease Incentives“, sind abzusetzen.
Die Erstbewertung einer Leasingverbindlichkeit nach IFRS 16 erfolgt mit dem Barwert der im Zeitpunkt des Erstansatzes noch ausstehenden Leasingzahlungen (IFRS 16.27). Zu berücksichtigen sind dabei fixe Leasingzahlungen variable Leasingzahlungen, die von einem Index (bspw. Verbraucherpreisindex) oder Kurs (bspw. Libor) abhängen, etwaige Restwertgarantien, der Ausübungspreis einer Kaufoption, sofern die Ausübung derselben hinreichend sicher ist sowie Strafzahlungen, die sich aus einer Kündigung ergeben, wenn die Dauer des Leasingvertrages eine solche Kündigung erfordert.
Die Abzinsung erfolgt grundsätzlich mit dem vom Leasinggeber berechneten Zinssatz. Ist dieser nicht bekannt, hilfsweise mit dem Grenzfremdkapitalzinssatz.
Die Folgebewertung des Right-of-use-Asset erfolgt nach IFRS 16 zu fortgeführten Anschaffungskosten, d.h. abzgl. kumulierter planmäßiger Abschreibungen und etwaigen sonstigen Wertminderungen (IFRS 16.32). Auf die Fortschreibung der Anschaffungskosten finden die Grundsätze des IAS 16 „Sachanlagen“ Anwendung.
Bei der Abschreibungsdauer ist nach IFRS 16 ähnlich wie IAS 17 auf den kürzeren Zeitraum zwischen wirtschaftlicher Nutzungsdauer und Zeitraum des Leasingvertrages abzustellen. Wird jedoch das das Eigentum am Leasinggegenstand am Ende der Nutzungsdauer auf den Leasingnehmer übertragen oder besteht eine günstige Kaufoption, ist die Zeit bis zum Ende der Nutzungsdauer maßgeblich.
Wendet der Leasingnehmer das Fair Value Model nach IAS 40 „Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien“ an, ist dieses Vorgehen auch für entsprechende Leasingsachverhalte verpflichtend. Rightof-use-Assets, die einer Klasse von Sachanlagen zuzuordnen sind, für die die Neubewertungsmethode nach IAS 16 „Sachanlagen“ Anwendung findet, dürfen ebenfalls nach dem Ansatz bewertet werden.
Leasingverbindlichkeiten sind über die Vertragslaufzeit aufzuzinsen; Leasingzahlungen sind gleichzeitig als Tilgung zu erfassen. Im Falle von Modifikationen des Leasingvertrages ist eine Neubewertung vorzunehmen, so dass der Buchwert der Verbindlichkeit den geänderten Verhältnissen entspricht (IFRS 16.36).
Right-of-use-Assets sind nach IFRS 16 entweder separat in der Bilanz auszuweisen oder im Anhang zu erläutern. Sofern kein gesonderter Bilanzausweis erfolgt, sind die Right-of-use-Assets derjenigen Bilanzposition zuzuordnen zu der sie gehören würden, wenn sich auch um rechtliches Eigentum handeln würde. Eine derartige Zuordnung ist in den Notes zu erläutern (IFRS 16.47). Sofern es sich um als Finanzinvestition gehaltene Immobilien handelt, hat der Ausweis jedoch als Investment Property zu erfolgen.
Leasingverbindlichkeiten sind nach IFRS 16 ebenfalls getrennt von den übrigen Verbindlichkeiten auszuweisen oder im Anhang zu erläutern. Sofern der Leasingnehmer keinen getrennten Ausweis vornimmt, hat er im Anhang zu erläutern, inwiefern Leasingverbindlichkeiten in den übrigen Verbindlichkeiten enthalten sind.
Die Zinsaufwendungen für die Leasingverbindlichkeit sind getrennt von den Abschreibungen in der GuV auszuweisen. In der Kapitalflussrechnung sind die auf die Tilgung entfallenen Zahlungen innerhalb des Cash Flow aus Finanzierungstätigkeit auszuweisen. Für den Zinsanteil sind die Anforderungen des IAS 7 „Kapitalflussrechnung“ zu beachten. Short-Term Leases, Low-Value Leases und variable Leasingzahlungen, die nicht in den Leasingverbindlichkeiten enthalten sind, sind dem operativen Cash Flow zuzuordnen.
Die bilanzielle Abbildung eines Sale-and-leaseback Geschäfts richtet sich nach den Vorschriften des IFRS 15 (siehe IFRS 16.100). Sofern der Verkauf den Anforderungen des IFRS 15 entspricht, erfasst der Verkäufer (Leasingnehmer) das Right-of-use Asset in der Höhe des anteiligen ursprünglichen Buchwerts der dem zurückbehaltenen Nutzungsrecht entspricht. Dementsprechend erfasst der Verkäufer (Leasingnehmer) auch nur einen Gewinn oder Verlust der sich auf das übertragene Nutzungsrecht bezieht.
Sofern der Fair Value der erhaltenen Gegenleistung nicht dem Fair Value des Vermögenswerts entspricht oder die Leasingzahlungen nicht marktüblich sind, ist eine „below-market terms“ Differenz als Vorauszahlung auf die Leasingzahlungen anzusehen, eine „above-market terms“ Differenz als zusätzliche Finanzierung einzuordnen (IFRS 16.101).
IFRS 16 erfordert weiterhin umfangreiche Angaben des Leasingnehmers im Hinblick auf die Verpflichtungen aus Leasingverträgen. Zusammen mit den Informationen in der Bilanz, GuV und der Kapitalflussrechnung soll dies dem Abschlussadressaten die Möglichkeit zur Beurteilung aller Leasingsachverhalte bieten. Die Anforderungen sind in IFRS 16.52-60 aufgeführt.
Der Leasinggeber hat, in Abhängigkeit der Ausgestaltung, die Leasingverträge gem. IFRS 16.61 nach wie vor entweder als Finance oder als Operating Lease zu klassifizieren. Die Einordnung richtet sich danach, wem die wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus dem Leasingvertrag zufallen, wobei die wirtschaftliche Betrachtungsweise höher zu gewichten ist, als die reine Form des Vertrags.
IFRS 16 ist für Geschäftsjahre anzuwenden, die an oder nach dem 1. Januar 2019 beginnen; eine frühere Anwendung ist möglich, sofern IFRS 15 „Umsatzerlöse aus Verträgen mit Kunden“ ebenfalls bereits angewendet wird oder die Erstanwendung zumindest zeitgleich erfolgt. Wird IFRS 16 früher angewendet ist darüber zu berichten (IFRS 16.C1).
Bei Fragen zu IFRS 16 oder zu anderen IAS, IFRS, SIC oder IFRIC kontaktieren Sie bitte die IFRS-Experten der WTS Advisory unter 0711 6200749-0 oder info-advisory(at)wts.de.
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